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Die Reise mit dem Fuchs

Veröffentlicht November 12, 2013 von Zarah

So viele neue Abenteuer hab ich inzwischen erlebt, und dabei hab ich immer noch nicht darüber geschrieben, wie unsere schönen Linden gefällt wurden und wie ich das erlebt habe. Bei der letzten Fällung war ich dabei, und es war, als würde mir das Herz aus dem Leib gerissen. Aber das ist eine Geschichte für ein andermal …

Jetzt bin ich gerade frisch zurück aus Tribal Mirrors, einem 4-tägigen 5-Rhythmen -Workshop, bei dem es um heiliges Theater geht – darum, unsere Ego-Charaktere aus dem Schrank zu holen und sie auf eine Bühne zu stellen. Es waren vier Tage voller wundersamer Begegnungen, schöner Überraschungen, und der unterschiedlichster Tänze. Wir haben zusammen geschwitzt, gelacht, geweint und gefeiert und unsere Körper und all unsere Gefühle einfach da sein lassen. Es waren über 70 Leute aus 17 verschiedenen Ländern, jede/r einzelne ein Spiegel für das Selbst. Ich kann noch gar nicht wirklich in Worte fassen, was ich da erlebt habe. Gestern brauchte ich dann erstmal sehr viel Ruhe und eine lange Session in der Badewanne. Aber heute wachte ich auf, sah die Sonne scheinen und war sofort glücklich und begeistert über den Tag. Das ist mir schon echt lange beim Aufwachen nicht mehr passiert. Seitdem fühl ich ein Gefühl in meinem Herzen, so sanft und schön … es fühlt sich ganz neu an, als würde etwas Neues gerade anfangen.

Doch jetzt erstmal zu etwas Altem. 😉 Seit diesem Frühjahr nehme ich an der Fern-Einweihung in die 12 göttlichen Strahlen von Sternenkraft teil. Dabei  habe ich schon die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht, manchmal hab ich auch gar nicht viel gemerkt. Am 3. November, dem Tag der Sonnenfinsternis und des Neumonds im Skorpion, fand dann die Initiation in den Weißen Strahl statt.  Und als „eigentlich“ alles schon vorbei war, ging es für  mich erst so richtig  los … es entfaltete sich eine schamanische Reise, die anknüpfte an andere Reisen und Träume von mir, die schon viele Jahre her sind.

Um ein bißchen die Kontinuität herzustellen, werde ich diese „alten“ Geschichten zuerst posten und zum Schluß dann das, was ich jetzt bei der Einweihung erlebt habe.

Fuchs im Gras

Fuchs im Gras

Die Reise mit dem Fuchs

Diese Reise ist inzwischen fast 20 Jahre her. Damals machte ich öfters eine Übung aus der Psychosynthese, bei der man einen Charakterzug, mit dem man Schwierigkeiten  hat oder den man tiefer erforschen will, als eine Gestalt sieht, mit der man sich unterhalten kann. Und zu der Zeit war es mir „passiert“, daß ich verschiedenen Leuten diverse Dinge versprochen und dann selber sabotiert hatte, daß daraus etwas wurde. Oberflächlich gesehen tat mir das leid und war mir auch peinlich, aber ich fühlte, wie innerlich irgendwas sich schadenfroh die Hände rieb. Das wunderte mich, und so beschloß ich, mit dem Ursprung dieser Schadenfreude Kontakt aufzunehmen. Hier folgt jetzt meine Tagebuch-Aufzeichnung. (Man beachte das Datum – es war genau zur Herbst-Tagundnachtgleiche.)

21.9.94

Der Trickster

Habe heute den Ursprung der Schadenfreude kennengelernt. Er erschien zuerst als Dämon, dann als Hase und zuletzt verwandelte er sich in einen Fuchs und blieb auch so. Stellte sich als Trickster vor, meinte, daß dieses ganze Guter-Mensch-Sein-Wollen von mir ziemlich hohl und pathetisch wäre und daß es viel mehr Spaß machen würde, Leuten, die anfangen, pathetisch und salbungsvoll zu werden, eins auszuwischen. „Weißt du noch, was es für nen Spaß gemacht hat, damals , als wir den Göttern die Knochen verpaßt haben? Mann, waren die sauer. Und als wir für die Menschen das Feuer geklaut haben? Die waren so arrogant, sie dachten, nur sie allein hätten ein Anrecht auf das Licht.“

Er/ich erinnerte mich an eine Stelle im Steppenwolf [von Hermann Hesse], wo auch das mühsam aufgebaute Pseudo-Selbst von Harry Haller in tausend Stücke geht und er zum erstenmal erkennt, wie pathetisch und hohl seine ganze moralische Entrüstung die ganze Zeit gewesen ist. „Und du bist genauso“, sagte der Fuchs. „Ich hab das nicht gemacht, um den anderen Leuten eins auszuwischen, sondern dem Teil von dir, der sich selber immer nur als gut und weise und selbstlos / hilfreich sehen will. Wenn du überhaupt irgendwie weiterkommen willst, mußt du lernen, dich selbst nicht mehr so teuflisch ernst zu nehmen.“ Steppenwolf: „Aller höhere Humor fängt damit an, daß man die eigene Person nicht mehr ernst nimmt.“ Golas: „Wir können schließlich alle diese albernen Spiele mit sehr viel mehr Vergnügen spielen, wenn wir uns gewahr sind, was wir wirklich tun.“ Das Steppenwolf-Zitat hatte ich damals schon unterstrichen. Der Fuchs meinte: „Siehst du, das hast du mit achtzehn schon gewußt. Wie ist es dir gelungen, es so lange zu vergessen?“ Ich meinte ,ich hätte es eigentlich nicht so sehr gewußt, sondern anerkannt, daß es wichtig war, aber ich war auch damals schon nicht in der Lage, es in die Praxis umzusetzen.

FuchsSchafAni

Der Verlust der Unschuld

Der Fuchs meinte: „Komm mit, ich muß dir noch was zeigen.“ Dann war ich auch ein Fuchs, und wir trabten einen Hügel hinauf. Auf der anderen Seite war eine Schafherde. Wir griffen ein Schaf an, rissen es und fraßen es auf. (Füchse reißen zwar eigentlich normal keine Schafe, aber das war egal.) „So, jetzt bist du eingeweiht“, sagte er. „Du weißt jetzt, daß du andere Wesen verletzen, Blut vergießen und auch trinken kannst. Schafe sind so dämlich!“

„Aber auch unschuldig“, wandte ich ein.

„Na, aber du siehst ja, daß sie ihre Unschuld teuer bezahlen: sie sind so dumm, daß sie nicht merken, wenn Gefahr droht, und lassen sich einfach auffressen.“

Die typische Opferlammhaltung: sie ließen sich lieber auffressen, als sich ein Wissen darüber zu erwerben, daß es in der Welt auch Bösartigkeit und Gefahr gab, bloß um ihre Unschuld zu bewahren. Jetzt hatte ich meine eigene Unschuld getötet und aufgefressen und hoffte nur, daß ich in der Lage sein würde, sie einigermaßen zu verdauen.

Dann trabten wir durch den Wald. „Das ist der Wald. Er ist dunkel, aber das ist okay“, sagte der Fuchs. Eine Eule kam von oben auf uns runtergeschossen. Der Fuchs zeigte mir den Weg in einen engen Bau, wo sie nicht hinterherkonnte. „Aber ist das nicht feige?“ fragte ich ihn. „Manchmal muß man abhauen, sonst ist man geliefert“, sagte er.

Shapeshifting – Die Reise durch die 4 Elemente

Dann kamen wir aus dem Wald und trabten einen anderen Hügel hinauf, auf dessen Spitze ein großes schwarzes Kreuz stand. „Erinnerst du dich an Krabat?“ sagte er. „Sowas Ähnliches machen wir jetzt auch.“ Er stopfte eine längliche Pfeife (so ähnlich wie die, die M. hat, aber irgendwie auch wie das Opiumpfeifchen von Pablo im Steppenwolf) und reichte sie mir. Ich zog daran, dann rauchte er daraus, und wir tauchten beide ins Innere der Erde. Durch die Anspielung auf Krabat und Steppenwolf wußte ich, daß es eine Astralreise war und daß unsere Körper weiterhin unter dem Kreuz waren. Wir bewegten uns durch die Erde, als würden wir schwimmen. Dann tauchten wir in wirkliches, unterirdisches Wasser, tauchten wir durch ein Meer nach oben und kamen als Mensch und Dämon oben wieder raus. Wurden eine Weile durch die Luft gebeutelt, damit wir trocken wurden.

Danach war das Feuer dran. Wir sahen von weitem einen Vulkan. „Na, welches Wesen kann Feuer aushalten?“ fragte er mich grinsend. Ich dachte sofort an einen Drachen. Er meinte: „Godzilla auch.“ (Ich hatte mal mit M. einen Godzillafilm gesehen, wo er am Schluß in einem Vulkan begraben wird von Erdmassen. Aber er lebt weiter, weil es nichts gibt, was ihn umbringen kann, weder Feuer noch Wasser noch Gift oder Waffen oder sonst irgendwas.) „Also ich such mir jedenfalls Godzilla aus, aber wenn du lieber einen chinesischen Drachen willst, auch okay“, meinte er, und wir tauchten in dieser Gestalt in de Vulkan. Wir gingen durch das Feuer, schwammen dann durchs Meer als Fische, gruben uns durch die Erde als Maulwürfe.

„Na, was fehlt jetzt noch?“ fragte er mich. Wind fehlte. Auf einmal waren wir auf einer hohen Bergspitze, um die die Winde brausten. Wir verwandelten uns in Adler und ließen uns vom Wind tragen. Er grinste, weil er sah, daß ich die Lektion begriffen hatte: Man war nicht an eine Form gebunden, sondern konnte jegliche Form wählen, die der Situation gerade angemessen war. Als Füchse hätten wir das Feuer nicht überlebt, deshalb hatte ich auch erst ein bißchen Angst. Den Stürmen war ein schwerer Säugetierkörper nicht gewachsen, man brauchte einen leichten Körper mit Flügeln.

„Es ist nicht illoyal oder was“, sagte er. „Du mußt nicht immer einer Form treu bleiben. Du selbst bleibst immer gleich, egal, wie du gerade von außen aussiehst. Wenn du dir selber treu bleibst, kannst du jede Form annehmen, die du willst, und brauchst keine Angst zu haben, daß du auf einmal nicht mehr da bist. Die Form ist nur zeitweilig, von der Situation bestimmt. Wenn die Situation sich ändert, nimmst du eine neue Form an. Es macht Spaß, du wirst sehen. Es ist kein Täuschungsmanöver, bloß Pragmatismus. Du kannst immer wieder zu dir selbst zurückkehren.“

Das Flügelrad

Dann waren wir wieder zurück auf dem Hügel, auf dem das Kreuz stand. Hinter dem Kreuz erhob sich jetzt ein großer Kreis mit einem Punkt in der Mitte, der aber nicht fest war, wie das Kreuz, sondern aus flimmernder Luft zu bestehen schien. Er vereinigte sich mit dem Kreuz zu einem Rad, und dem Rad wuchsen Flügel. (Ich dachte noch: „Komisch, daß in meinen Geschichten immer Flügel vorkommen.“) Wir setzen uns darauf und flogen damit über den Wald hinweg und landeten in einer kreisförmigen Vertiefung, die aussah wie das Rad (genauso groß). Wir reichten uns die Hände. „Dies hat nichts mit Sex zu tun“, sagte er, „nur mit dem Körper. Du kannst alles überleben, wenn du das kapierst.“

Dann kam mir noch der Gedanke, daß ja das Pathos auch was mit meinem Bedürfnis nach Heldentum zu tun haben könnte, und ich dachte, man könnte ja auch gleich noch eine Reise mit dem Helden unternehmen. Er erschien auch, meinte aber: „Mach jetzt nichts mehr, lies erstmal weiter. Ich verstehe mich übrigens ganz gut mit dem Fuchs.“ Dann sah ich sie beide zusammen Schach spielen. Der Fuchs zog eine Figur und sagte: „Schach matt!“ Der Held fluchte gutmütig grinsend: „Scheiße, schon wieder verloren!“ Dann drehten sie das Brett um und begannen ein neues Spiel. Ich ließ sie dabei und las das Kapitel weiter. Es handelte davon, daß man seine sozialen Rollen als Masken durchschaut und aufhört, sich damit zu identifizieren – der Eintritt ins Kehlchakra. Daß man zum „Meister der Verwandlungen“ wird, wenn man merkt, daß keine dieser Masken man selber ist. Etc.

Was dann – trotz fast 20 dazwischenliegenden Jahren – wieder nahtlos überleitet zur Erfahrung der Tribal Mirrors

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